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Die Rinderquäler vor Gericht -Bad Iburg

Prozess gegen die Viehhändler S aus Velen und L aus Lehmbruch

Als Erstes wurde der Fall Lampe verhandelt. Der Viehhändler hatte mindestens zwei kranke bzw. verletzte Tiere im Beobachtungszeitraum nach Bad Iburg zum Schlachthof Temme gebracht. Eines der Tiere war ein Jungbulle mit mindestens einem gebrochenen Vorderlauf. Man kann auf dem Video sehen, dass der Huf hauptsächlich von der Haut und Sehnen am Körper gehalten wird. Das Tier hat aber noch genug Kraft, um aus Verzweiflung einen Fluchtversuch zu wagen und rennt den Oberschlachter samt Mistgabel um. Wenig später liegt es in seinem Blut. Ein weiteres Tier wurde erschöpft und offensichtlich von schwerer Krankheit geprägt angeliefert. Hier hält die zuständige amtliche Tierärztin sogar selber die Kette für die Seilwinde bereit.

Im Verlauf der Vernehmung der Bauern, von denen die Tiere stammten, verwickelten sich beide in massive Widersprüche, so dass der Richter mehrfach an die heftigen Strafen für Falschaussagen vor Gericht erinnern musste.

Einer konnte sich trotz 40!! Jahren Erfahrung als Bullenmäster nicht erinnern, wie schnell so ein Rind zunimmt und mit welchem Gewicht es zum Schlachter kommt. Die beiden hatten die rohe Sprache in Bezug auf Lebewesen und die Tatsache gemeinsam, dass sie den Halb-Kadaver Schlachter in Bad Iburg nicht gekannt hätten. Ihre Taktik war die gleiche. Die Tiere seien gesund und munter auf den Einzeltransport gegangen und dann überraschenderweise mit gebrochenen Gliedmaßen und halb leblos und liegend angekommen.

Der Richter fragte, ob man von so etwas schon mal gehört hätte. Beide verneinten. Auch befragte Veterinäre und die Gutachterin hätten von so einem Vorfall innerhalb weniger unfallfreier Kilometer in einem Einzeltransport noch nie gehört.

Der Richter teilte mit, dass das Verfahren ausgesetzt wird, bis einerseits angeforderte Daten über weitere, von dem Viehhändler transportierte Tiere von dem Bauern eintreffen und Zeugen aus dem Kreis der ebenfalls angeklagten Schlachter zur Verfügung stehen würden. Einer der Bauern hatte bereits einen Strafbefehl von 4.000 EUR akzeptiert. Der Richter fragte verwundert, warum er denn 4.000 EUR Strafe und 3.000 EUR Anwaltskosten gezahlt hätte, wenn er sich eigentlich für unschuldig halte. Der Bauer meinte, er wollte das ganze einfach abschließen. Er wird gute Gründe gehabt haben. Den Versuch des agrarnahen Verteidigers, das Verfahren einstellen zu lassen, lehnte der Richter resolut ab.

Im zweiten Fall gegen den Geschäftsführer der bundesweit bedeutenden Viehhandelsfirma Schmäing aus Velen wurde es schnell laut. Der Mann, der zwei kranke bzw. verletzte Tiere angeliefert hatte, schrie den Richter und die Staatsanwältin an und musste mehrfach zur Mäßigung aufgerufen werden. Er versuchte, sich aus der Lage zu manövrieren indem er mitteilte, er hätte darauf gedrungen, dass man das Tier noch im Transporter betäubt. Laut Richter, und auch aus unserer Warte, eine reine Schutzbehauptung, denn er half sogar, das hilflose Rind mit perfekter Routine an die Seilwinde zu ketten und zuckte nicht mit einer Wimper, als er das Leiden aus nächster Nähe sah (Die Szene ist im Video zu sehen). Ein zweites Tier konnte ebenfalls kaum Aufstehen und quälte sich auf dem Fußwurzelgelenken die Rampe runter, wo es zusammenbrach. Ich fragte mich, wo Fragen nach dem Kaufpreis des Tieres blieben, denn dieser war sicherlich überraschend niedrig für „kerngesunde“ Tiere. Leider schien dem Richter etwas die Zeit weg zu laufen, oder solche Fragen waren bereits am ersten Verhandlungstag gestellt worden.

Auch dieser Täter meinte natürlich, dass diese Tiere gesund und munter aufgeladen wurden und stritt eine Verantwortung für ihren schlimmen Zustand ab. Er betonte mehrfach, wie wichtig ihm Tierschutz wäre, zeigte aber keinerlei Reue.

Der Richter fragte dann auch, ob es denn nicht die Möglichkeit gegeben hätte, die Rinder kürzer zu transportieren. Denn zwischen der Viehsammelstelle der Fa. Schmäing und dem Schlachthof beträgt die Strecke 359 km. Er wurde wieder laut und behauptete, es gäbe keinen Schlachthof für Rinder in der Region. Die Staatsanwältin widerlegte das. Und ja, es ist richtig. Es gibt keinen mehr, aber 2018 gab es noch einen. Dieser grauenhafte Betrieb wurde von SOKO Tierschutz allerdings kurz nach Bad Iburg dicht gemacht.

Erstaunen gab es nochmal, als die Rede auf sein Gehalt kam. Laut eigener Aussage verdiente er als Geschäftsführer einer der großen Viehhandelsfirmen in Deutschland 2018 sogar weniger als seine Fahrer, also knapp am Mindestlohn. Der Richter stellte das in Frage.

Die Staatsanwältin forderte 50 Tagessätze mit jeweils 80 Euro, die Anwältin Freispruch. Ihre Begründung: Es gäbe keine Beweise für seine Schuld und er hätte alles richtig gemacht.

Es ist mal wieder verwunderlich, wie tief die Staatsanwaltschaft stapelt. Bei mehreren Stunden Qualen von gemarterten Tieren und dem Finale in Höllenschmerzen, wenn Sehnen reißen und Gelenke auskugeln, ist diese Strafe von 4.000 EUR einfach lächerlich. Wie misst die Staatsanwaltschaft so etwas? Wieviel Schmerzen, wieviel Qualen sind notwendig, um über 10.000 EUR zu kommen? Was muss man denn machen, um eine Vorstrafe zu bekommen? Denn auch diesem Tierschinder kann man im nächsten Prozess wieder bescheinigen, dass er ja keine Vorstrafen hätte. Man blieb ja mit 60 Tagessätzen deutlich unter den notwendigen 90. Und was zur Hölle muss man machen, damit jemand für Tierquälerei ins Gefängnis kommt? Nicht drei Monate, sondern die maximalen drei Jahre!

Der Richter ging dann sogar über die Forderung der Staatsanwaltschaft und verhängte 60 Tagessätze von jeweils 80 EUR. Eine echte Strafe für einen der bedeutendsten Viehhändler Deutschlands sieht anders aus.

Lieber Herr Oberstaatsanwalt Lucks, der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Agrar-Strafsachen in Oldenburg. Haben Sie keinen Mut, können Sie die Qualen der Tiere nicht begreifen oder sind Sie einfach nur ein Sachwalter, der besser nicht für Lebewesen, in denen ein Herz schlägt, eintreten sollte?

Diese Staatsanwaltschaft wurde geschaffen, um Tieren endlich mehr Recht zu verschaffen. Vergeblich.


 
 
 

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